1922

Besatzung – Separatistenunruhen – Inflation

Die Anfänge des Trommler- und Pfeiferkorps „Vorwärts” Kohlscheid 1923 e.V. gehen auf das Jahr 1922 zurück. Im Herbst versammelt sich im Hause von Alois Königs (Kesselesstr.) ein Freundeskreis, um sich musikalisch zu unterhalten. Alois Königs trägt ihm seine Vorstellung vor, ein Trommler- und Pfeiferkorps zu gründen, obwohl die Besatzung hierzu strenge Verbote erließ.

Königs Josef I und II, Königs Peter, Leo und Heinrich, Wals Peter, Beckers Josef, Funken Heinrich, Fischer Wilhelm, Fleu Josef, Brand Wilhelm, Offermanns Leo und Decker Wilhelm sind die ersten Mitglieder, die bei Königs mit selbst gefertigten Stöcken auf einer Tischplatte ihre Proben abhalten.

Ein erstes Auftreten von Alois Königs, seinem Sohn Josef Königs sowie von Peter Wals und Josef Königs II bei einem Vereinsfest machen die Besatzung auf die Gruppe aufmerksam. Das Spielen in der Öffentlichkeit muß künftig unterbleiben, weil die Besatzung Trommler- und Pfeiferkorps verboten hatte.

Doch der Auftritt zeigt eine unerwartete Werbewirkung. Zum bisherigen Freundeskreis stoßen nun Josef Preuth, Peter Mirbach, Josef Derichs, Josef Bertram, Gerhard Esser und Edmund Thoma. Man schließt sich auf Rat von Alois Königs und Johann Preuth vorübergehend der Feuerwehr an und bildet den „Spielmannszug der freiwilligen Feuerwehr Kohlscheid”. Über Johann Preuth stößt Hubert Dolls zum neuen Spielmannszug. Hubert Dolls erhielt bereits eine Ausbildung beim Korps Kohlscheid-Nord.

1923

Besetzung des Ruhrgebietes – passiver Wiederstand – Belagerungszustand – Anschläge auf Eisenbahnen der Regierung – Tote unter der Zivilbevölkerung – Massenausweisungen ins unbesetzte Reichsgebiet – Presseverbote – Reisebeschränkungen – Streiks – Krawalle – Teuerungs- und Hungerdemonstrationen – Plünderungen – Separatistenunruhen – bis zu 25 % Arbeitslose in Aachen – Währungsstabilisierung durch Rentenmark

Die Mitglieder des Spielmannszugs der Feuerwehr Kohlscheid organisieren sich zusätzlich noch in einem eigenständigen Verein. Hierzu trifft man sich am 23.03.1923 unter der Leitung von Hubert Dolls bei Krichel, Roermonder Straße. Der neue Verein nennt sich „Trommler- und Pfeiferkorps Kohlscheid-Süd, gegr. 1923″. Doch schon bei der nächsten Versammlung wird der Name korrigiert. Die offizielle Bezeichnung des Korps ist jetzt: „Trommler- und Pfeiferkorps Vorwärts Kohlscheid-Süd, gegr. 1923″. Unter dem Kurznamen „Vorwärts” wird das noch kleine Korps wegen seiner Leistungen bald über die Grenzen Kohlscheids hinaus bekannt. Im besetzten Rheinland darf man nur gemeinsam mit der Feuerwehr und in Feuerwehruniform auftreten. Selbst das baldige Ausweichen des „Vorwärts” nach Holland und Belgien ist wegen der strengen Grenzbestimmungen äußerst schwierig.

1924

Ende der Brotmarken – Normalisierung nach Ende des passiven Widerstandes – Aufhebung der Zollgrenze zwischen dem besetzten und dem unbesetzten Gebiet – Ende der Regie, im November fahren die Eisenbahnen wieder unter deutscher Leitung – Aufhebung der Ausweisungen

Wie streng die Besatzung ist, erleuchtet eine bisher nicht bekannte Begebenheit. Die Schützengesellschaft 1908 (Zylinderschützen) will in diesem Jahr ihr Königsschießen im Volksgarten abhalten (30.07.1924). Den von der Besatzung zerstörten Gemeindeschießstand richtete die Gesellschaft notdürftig her. Beim Aufmarsch zum Vogelschuß geschieht ein Mißgeschick. Die Gesellschaft zieht vom Vereinslokal Krichel durch Kohlscheid, um in der Kaiserstraße ihren König Syben abzuholen. Belgische Gendammerie stoppt den Zug am Bürgermeisteramt. Die beiden Trommler und die beiden Pfeifer – wahrscheinlich Mitglieder des Vorwärts, der auch bei Krichel zu Hause ist – werden vom Orchester getrennt, weil Trommler- und Pfeiferkorps verboten sind. Der Vorsitzende der Gesellschaft, Arnold Hammers (Tabakwaren, Weststr. 10) steht 14 Tage später vor einem Gericht in Aachen. Ihm gelingt der Nachweis, daß vier Personen kein Trommler- und Pfeiferkorps sind; Hammers wird freigesprochen.

Unter solchen Bedingungen ist in der Rheinprovinz kein Platz für öffentliche Veranstaltungen mit Teilnahme von Trommler- und Pfeiferkorps. Der Vorwärts weiß sich zu helfen und nimmt in Holland an Wettstreiten teil:

Sittard (13.06.) 

Valkenburg (27.06.).

1925

Normalisierung im Alltag – Freigabe des Rundfunks – bedrückende Wohnungsnot

Der Vorwärts erhält in diesem Jahr mit finanzieller Hilfe der Kohlscheider Bevölkerung einen prachtvollen Schellenbaum sowie nach dessen Weihe auch Uniformen. Nachdem Josef und Johann Meeßen die Spielleitung übernommen haben, wird das Korps im weitesten Umkreis für seine Leistungen bekannt. Die Zahl der besuchten Wettstreite steigert sich:

Burtscheid (Febr.) 

Niederheid (Mai) 

Würselen (Juni) 

Hahnbruch (11.10.) 

Haaren 

Höngen 

Verlautenheide

1926

Im Verkehr mit Holland entfällt der PASSVISUMSZWANG- deutsch-belgisches Grenzabkommen – die Gemeinde Kohlscheid kann ihren laufenden Verpflichtungen nur mit Krediten nachkommen

Für 1926 liegen über den Vorwärts keine ausreichenden Angaben vor. Doch bei Würdigung der weiteren Entwicklung ist zumindest anzunehmen, daß in diesem Jahr die Ausbildung fleißig betrieben wird; man kann aber auch davon ausgehen, daß der Vorwärts bei passenden Gelegenheiten auftritt. Bekannt ist eine preisgekrönte Teilnahme an Wettstreiten in:

Vicht (April) ß

Bardenberg (1./2. Mai) 

Schaufenberg (15./16. Mai) 

Kohlscheid-Nord (14./15.06.) 

Mausbach (14./15. Aug.) 

Aachen (4./5. Sept.) 

Eschweiler-Röhe (11./12. Sept.)

1927

Zahl der Erwerbslosen steigt – Gemeinde beschäftigt immer mehr Notstandsarbeiter – Schmuggel nimmt zu – die Gemeindesteuern werden kräfTig erhöht, trotzdem verschlechtert sich die Finanzlage der Gemeinde – Schulspeisung eingestellt – empfindliche Wohnungsnot

Das Korps veranstaltet während der Pfingstkirmes (04.06.-07.06.) in den Anlagen von Koch (Oststr. 41) einen großen internationalen Tambour- und Solistenwettstreit, der von den Ratsparteien und der Verwaltung beachtet wird. Als die Kohlscheider DRK-Kolonne in der Tonhalle am Markt ihr Winterfest (27.11.1927) begeht, wirken renommierte Vereine mit: die EBV-Kapelle, der Quartettverein „Frohsinn”, die Bühnengesellschaft und was hier besonders interessiert, der Vorwärts, der schon wenige Jahre nach Beginn seines Wirkens ein gefragter Partner ist. Wieder ist er erfolgreich, so in:

Würselen (06.03.) 

Neuenhagen (14./15.05.) 

Haaren (22.05.) 

Dorff (29./30.05.) 

Kohlscheid (04. – 07.06.) 

Hahn (18./19.06.)

Brunssum (31.07.) 

Gereonsweiler (07.08.) 

Nirm (13./14.08.)

WhatsApp schreiben
Scan the code
Hallo 👋
Was können wir für dich tun?